Zwischen Urteil und Vorurteil

Im allgemeinen historischen Bewusstsein und in Schulbüchern wird die jüdische Geschichte so sehr auf die Verfolgungsgeschichte seit dem Mittelalter verengt, dass sie damit fast nur noch als Vorgeschichte des Holocaust erscheint. Diese fragwürdige pädagogische Einlösung der Forderung des »Nie wieder!« hat ihre Kehrseite darin, dass die Juden nur als Opfer wahrgenommen und noch nachträglich zu Ausgegrenzten in unserem historischen Bewusstsein werden. »Warum blieben sie denn hier, wenn sie dauernd verfolgt wurden?« ist eine häufige Schülerfrage. Dieses Thema zieht sich als eine von zwei Leitlinien durch die Beiträge dieses Buches. Es ist die Frage nach der Verfolgungsgeschichte, der Schuld, der historischen Verantwortung und der Fluchtversuche daraus. Zu dieser problematischen Wahrnehmung von Geschichte kommt noch hinzu, dass dafür gegebene Erklärungen, d.h. Erklärungen für Vorurteile, Hass, Feindseligkeit, Antijudaismus oder Antisemitismus, oft selbst dem Erklärungsmuster der Stereotypen und Vorurteile folgen, die sie verurteilen. Die Verurteilung des Vorurteils reicht noch nicht zu dessen Auflösung, wenn nicht ein anderes Urteil (im Sinne einer adäquaten Beurteilung) in der Sache erfolgt. Dies zeigt sich insbesondere beim Thema des Geldes, zu dem die Juden nach weit verbreiteter Auffassung eine besondere Affinität haben sollen, seit sie im Mittelalter einerseits durch den Ausschluss aus zahlreichen Berufen und andererseits durch das angebliche Zinsverbot für die Christen vermeintlich exklusiv den Geldverleih betrieben - was jedoch nicht der historischen Wahrheit entspricht. Dieses Problem aufzuzeigen, zu analysieren und zu erklären, ist, verknüpft mit anderen Aspekten der jüdischen Geschichte und ihrer Wahrnehmung, die zweite Leitlinie in diesem Buch.

33,50 CHF

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Artikelnummer 9783941743236
Produkttyp Buch
Preis 33,50 CHF
Verfügbarkeit Lieferbar
Einband Kartonierter Einband (Kt)
Meldetext Folgt in ca. 10 Arbeitstagen
Autor Geiger, Wolfgang
Verlag Humanities Online
Weight 0,0
Erscheinungsjahr 20121111
Seitenangabe 200
Sprache ger
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