Was heißt, sich an Differenz statt an Identität orientieren

Der Essay konstatiert tiefgreifende kategoriale Änderungen, welche die Rahmenbedingungen der Sozialtheorie umgestaltet haben. Jean Clam fasst sie unter den Begriff der De-ontologisierung und verfolgt dessen Entstehung in der Philosophie. Niklas Luhmanns Theorie erscheint in dieser Perspektive als der konsequenteste Versuch, mit der de-ontologisierenden Umgestaltung der Objekte und Denkweisen jeder wissenschaftlichen Beschreibung ernst zu machen. Die Invalidierung tragender, bisher identitätisch-ontologisch gefasster Begriffe wie Sinn, Kommunikation, Handlung, Handelnder, führt in der Systemtheorie zum Entwurf einer vollständig erneuerten Theorie der Gesellschaft, die mit allen bisherigen Ansätzen der Soziologie bricht. Luhmanns neue Theorie stellt ihre kategoriale Grundorientierung von Identität auf Differenz um und konstruiert ihre Gegenstände mit einem stets mitlaufenden Vorbehalt der Dekonstruktion ihrer stiftenden, aber radikal kontingenten Unterscheidungen. Das Ergebnis ist eine sich in sich selbst reflektierende "Supertheorie", die als die erste realisierte Gestalt einer vollständig postontologischen Theorie anzusehen ist. Nach einer Skizze der philosophischen Thematiken in Luhmanns Systemtheorie entfaltet Jean Clam schließlich die das Zentrum der Arbeit ausmachende Problematik einer Philosophie-Unabhängigkeit von Theorie. Diese Unabhängigkeit wird als Erweis der tatsächlichen Realisierbarkeit einer die Philosophie an de-ontologisierender Intensität und Beweglichkeit der Differenzorientierung überbietenden Theorie verstanden. Zur Darstellung und Prüfung dieser Herausforderung geht die Arbeit auf Heideggers Werk zurück. Hier liegen Ursprung und Ausformulierung des De-ontologisierungsdegankens, sowie die letzte Ausführung eines philosophischen Projekts in klassisch-charakteristischer Geschlossenheit. Die von der postontologischen Theorie ausgehende, nicht ausdrückliche Infragestellung der Philosophie wird durch Konstrastierung mit diesem Entwurf verdeutlicht und "hyperbolisiert": Jean Clam probiert hier insistent, die Erübrigung der eigens-philosophischen Denkdimension kritisch zu erhärten. Seine Arbeit stößt dabei auf den Weltbegriff und die Realität einer Grenze zu einem unverwischbaren Außen des Sozialen. An dieser Grenze muss die Enteignung der philosophischen Sinnfragen durch wie eigenintellektiv auch immer angelegte Theorien aufhören.

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Artikelnummer 9783896697967
Produkttyp Buch
Preis 23,50 CHF
Verfügbarkeit Lieferbar
Einband Kartonierter Einband (Kt)
Meldetext Folgt in ca. 10 Arbeitstagen
Autor Clam, Jean
Verlag Herbert von Halem Verlag
Weight 0,0
Erscheinungsjahr 20091211
Seitenangabe 120
Sprache ger
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