Raumforderung

»Ediths Wohnung hat Krebs, und die Metastasen treiben Plastikblumen, Goldherzen, Blumenkränze in die Ecken und Augenwinkel. Bunte Karzinome wuchern von allen Seiten in Richtung Fernseher.« Die Bewohnerin selbst ist etwas aus der Art geschlagen, ständig unter Hochdruck, sprengt sie am Weihnachtsabend den Familienverband. Auch der Optiker in der titelgebenden Geschichte unterliegt einem unkontrollierbaren Impuls und fällt bei der Wohnungssuche plötzlich aus der Rolle, die Gruppe Studienstiftler in Nachtschwimmen wird von einer Dynamik ergriffen, die beinahe tödlich endet, und Jonna, die junge Mutter, kann den Erwartungen der Gesellschaft nicht entsprechen: Das Baby liegt ihr in den Armen wie ein Alien. Es sind die Momente, in denen etwas entgleist und der Organismus sich gegen sich selbst wendet, die Thomas Melle in seinem Debüt untersucht. Mit dem Blick eines Morphologen folgt er den Vernetzungen und Verästelungen dieser Welt, dringt ein in ihr Gewebe, entnimmt ihm Proben und spürt die Abweichungen in der Gesamtstruktur auf: Raumforderungen mutierter Zellen. Die Sprache wird dabei kontrollierten Wucherungen unterzogen, bildet Metaphern wie Metastasen und entfaltet ihre ganze expansive Kraft. Das Bekenntnis des Erzählers in Wuchernde Netze ist auch eines des Autors: »Ich glaube an den Text wie andere an Hexenflüche und Zaubersprüche.«

24,50 CHF

Lieferbar


Artikelnummer 9783518240458
Produkttyp Buch
Preis 24,50 CHF
Verfügbarkeit Lieferbar
Einband Anthologie, Nonkonformismus, Erzählung, leichtlesen, Erzählungen, Kartonierter Einband (Kt)
Meldetext Lieferbar in 48 Stunden
Autor Melle, Thomas
Verlag Suhrkamp
Weight 0,0
Erscheinungsjahr 20161204
Seitenangabe 201
Sprache ger
Anzahl der Bewertungen 0

Dieser Artikel hat noch keine Bewertungen.

Eine Produktbewertung schreiben