Numerische Modellierung und experimentelle Validierung der passiven und aktiven mechanischen Eigenschaften des menschlichen Gewebes und dessen Implementierung in ein Ganzkörpermodell

In der vorliegenden Arbeit wird ein FE-Ansatz des menschlichen Gewebes entwickelt und in ein bestehendes Ganzkörpermodell integriert. Durch die detaillierte Wiedergabe der Gewebegeometrie sowie der mechanischen Eigenschaften der einzelnen Gewebetypen können innere Spannungs- und Dehnungszustände infolge äußerer Lasten berechnet werden. Ferner ist durch die implementierten aktiven Eigenschaften der Muskulatur der Einfluss der willkürlichen Kontraktion auf dreidimensionale Belastungszustände feststellbar. Mögliche Anwendungsgebiete sind auf der einen Seite die Optimierung des Sitz- sowie Bedienkomforts von Verkehrsmitteln. Des Weiteren kann das Modell für wissenschaftliche Untersuchungen und Produktverbesserungen in der Medizintechnik und in den Sportwissenschaften eingesetzt werden. Ein Fokus liegt dabei auf der Dekubitus-Problematik, die aufgrund ihrer ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen ein großes Problem darstellt. Ausgangspunkt der Arbeit stellt die Wiedergabe der passiven und aktiven Eigenschaften des nachgiebigen Haut-, Fett- und Muskelgewebes über hyperelastische Materialansätze dar. Zur Kopplung werden die aktiven kontraktilen Fasern in das Volumen über kinematische Kopplung eingebettet. Die Validierung erfolgt über die Simulation einer dreidimensionalen Belastung eines isolierten Muskels, wobei der Einfluss der Kontraktion auf eine quer zur Faserrichtung aufgebrachte Belastung untersucht wird. Über den Vergleich mit in vivo Versuchsdaten von Ratten wurde der Ansatz validiert, wobei eine gute Übereinstimmung zwischen Messung und Simulation feststellbar ist. Die Integration des aktiven Gewebeansatzes in das Ganzkörpermodell erfolgt exemplarisch für den Gesäßbereich. Dabei wird anhand von Kryoschnitten ein geometrisches Detailmodell erstellt. Die Interaktion zwischen den Volumina (Fett- und Muskelgewebe) erfolgt entgegen aktueller Modelle über Kontakt. Die Modellierung der kontraktilen Fasern wird wie für den isolierten Muskel über Federelemente, deren Verlauf sich aus den Muskelvolumina ergibt, umgesetzt. Neben der Validierung über die statische Sitzdruckverteilung werden maßgebende innere Spannungsund Dehnungsgrößen infolge des Einsitzens auf starrer Platte für den entwickelten detaillierten Aufbau mit einem homogenen Modellansatz verglichen. Dabei konnten große Unterschiede in der Höhe und speziell der inneren Verteilung festgestellt werden. Basierend auf den Ergebnissen kann die Aussage getroffen werden, dass nur ein detailliertes Modell inklusive der spezifischen Gewebeeigenschaften für Untersuchungen innerer Belastungszustände geeignet erscheint. Danach werden die aktiven Muskeleigenschaften im Ganzkörpermodell validiert. Nach einer Überprüfung der Modellmöglichkeit zur Simulation aktiver Bewegungsmuster des Knie- und Hüftgelenks erfolgt eine Gegenüberstellung zu realen Messdaten für die maximale isometrische Muskelaktivierung für die Extension und Flexion des Knies. Dabei kann die in realen Versuchen festgestellte Abhängigkeit zwischen Moment und Kniewinkel gut wiedergegeben werden. Abweichungen treten aber speziell bei der Flexion für die Maximalwerte auf. Dann wird die für eine isometrische Extension und Flexion des Knies notwendige Muskelaktivierung über einen Optimierungsalgorithmus bestimmt. Eine Bewertung dieser erfolgt im Vergleich zu EMG-Daten von durchgeführten Probandenversuchen, wobei qualitativ eine gute Übereinstimmung festgestellt wird. Eine absolute Bewertung ist nicht möglich, da die gemessenen EMG-Daten nur eine relative Aussage zu den realen Muskelkräften erlauben. Abschließend werden die Modelleigenschaften zur Untersuchung des Einflusses der willkürlichen Kontraktion auf dreidimensionale Belastungszustände des Gewebes mit einem Probandenversuch verglichen. Dabei wird eine isometrische Flexion des Knies in sitzender Haltung untersucht. Die aus der Flexion resultierende Fersenkraft wird synchron zur Sitzdruckverteilung gemessen. Anhand der Gegenüberstellung von Fersenkraft und Sitzdruckverteilung kann der Zusammenhang zwischen aktiver Muskelkontraktion und der Veränderung des dreidimensionalen Belastungszustands ermittelt werden. Im visuellen Vergleich über die Sitzdruckverteilung korreliert die Berechnung mit dem realen Verhalten, da sie eine Druckerhöhung im vorderen Oberschenkelbereich und eine Reduktion im Beckenbereich aufweist. Bei der Gegenüberstellung der Summenkräfte für vier Teilbereiche der Sitzdruckverteilung zeigt die Simulation aber im Beckenbereich eine größere Reduktion der Drücke als in den Messungen. Mögliche Ursache ist eine unwillkürliche Muskelanspannung der Probanden im Rückenbereich zur Stabilisierung der Haltung, welche in der Simulation nicht berücksichtigt wird. Unabhängig davon kann das Modell den Effekt aus der willkürlichen Kontraktion gut wiedergeben.

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Artikelnummer 9783844018240
Produkttyp Buch
Preis 68,00 CHF
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Einband Kartonierter Einband (Kt)
Meldetext Libri-Titel folgt in ca. 2 Arbeitstagen
Autor Siefert, Alexander
Verlag Shaker Verlag
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Erscheinungsjahr 2013
Seitenangabe 182
Sprache ger
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