Eifriger als Zwingli

In der Frühphase der Schweizer Reformation entstand das Täufertum als eine radikalreformerische religiöse Bewegung. Andrea Strübind stellt in ihrer Habilitation theologische Lehrbildung, Trägerkreise sowie die führenden Protagonisten in ihrem Verhältnis zu Zwingli und anderen Reformatoren vor. Die detaillierte Untersuchung der Hauptschriften der frühen Täufer und anderer täuferischer Quellen sowie des Aktenmaterials führt zu neuen Erkenntnissen über diese frühreformatorische Bewegung. Das Täufertum zeichnet sich durch die hohe Bedeutung der Selbstorganisation als Lern- und Lebensgemeinschaft aus. Die von der Reformation proklamierte Schriftautorität und das Prinzip des "Priestertums aller Gläubigen" fanden zunächst in freien Bibelkreisen ihren strukturierenden Rahmen. Unter den Laien, Männern und Frauen, entwickelte sich ein Selbstbewußtsein, das auf ein eigenständiges Urteilsvermögen in Lehrfragen pochte. Man strebte eine konkrete Kirchenreform an, die alle Bereiche des persönlichen und kirchlichen Lebens umfassen sollte. Ziel der täuferischen Bewegung war die Schaffung einer sichtbaren Kirche der Gläubigen, die sich im ethischen Gehorsam bewährte, in geistlichen Fragen Autonomie von der obrigkeitlichen Gewalt sowie der kirchlichen Hierarchie praktizierte und ihre Verwaltung eigenverantwortlich regelte. In diesem Zusammenhang wird die theologische Entwicklung von der Verweigerung der Kindertaufe bis hin zur Praxis der Glaubenstaufe präzise nachgezeichnet. Die frühe Täuferbewegung propagierte und praktizierte die Gleichberechtigung der Glaubenden, einen an der Bibel gewonnenen rituellen Reduktionismus und eine spirituelle Erlebnisfrömmigkeit. Aus diesem Grund lautete ein zeitgenössisches Urteil über die Täufer, sie seien "eifriger als Zwingli". Ausgangspunkt der Darstellung ist der methodologische Paradigmenwechsel innerhalb der Geschichtswissenschaft und dessen bedeutsame Auswirkungen auf die Täuferforschung. Seit den 70er Jahren entwickelte sich ein "revisionistisches" Bild des frühen Täufertums, das die monogenetische normative Sicht der vorwiegend konfessionell bestimmten Studien durch eine polygenetische und pluriforme Sichtweise ersetzte. Die Ergebnisse der revisionistischen Forschung werden von der Autorin kritisch hinterfragt. Sie vertritt einen integrativen Forschungsansatz, der die Bedeutung theologischer Motivationen mit den Ergebnissen der gesellschaftsgeschichtlichen Forschung sachgemäß verbindet. Über die Autorin: PD Dr. habil. Andrea Strübind, 1982-1989 Studium der evangelischen Theologie, Geschichte und Judaistik in Berlin und Jerusalem, 1990 Promotion zum Dr. theol. an der Kirchlichen Hochschule Berlin, 1991-1994 Habilitationsstipendium der Fritz Thyssen Stiftung im Rahmen des "Sonderprogramms Hochschullehrernachwuchs", 1999 Habilitation und Ernennung zur Privatdozentin für das Fach "Historische Theologie" an der Theologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg.

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Artikelnummer 9783428106530
Produkttyp Buch
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Autor Strübind, Andrea
Verlag Duncker & Humblot GmbH
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Erscheinungsjahr 2003
Seitenangabe 617
Sprache ger
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