Die Lüneburger Saline

Die Studie erschöpft sich nicht im Detailreichtum der Verlaufsgeschichte einer sächsischen, norddeutschen Saline seit ihrer ersten Nennung im Jahre 956. Die Entwicklung der Lüneburger Saline als Bergwerk und Salzwerk erschließt vielmehr Strukturen der Soleförderung, der Salzgewinnung und des Salzhandels in Stadt, Herzogtum und Territorium im Kontext einer Wirtschaftsgeschichte und Kulturgeschichte des nördlichen Europa vom 10./12. bis ins 19. Jh. Die Überlieferung aus mehr als acht Jahrhunderten berichtet vom Aufstieg und - seit den 1620er Jahren, d.h. der Zeit des 30-jährigen Krieges, und vollends im 18. Jahrhundert - vom Niedergang einer der bedeutendsten europäischen Salinen. Im Mittelpunkt stehen der frühstädtische Siedlungsraum Bardowick-Lüneburg und die Bremen-Lüneburger overheidischen bzw. [früh-]hansischen Beziehungen einerseits, die wachsende Bedeutung des Lüneburger Salzes für das Wendische Viertel der Hanse und den Ostseehandel andererseits. Die Produktion der Saline stieg zwischen 1200 und 1300 von rd. 5.000 t auf rd. 15.000 t Salz, zwischen 1571 und 1580 erreichte sie ein Zehnjahresmittel von 21.653 t. An der Ilmenau gelegen, wurde die Hansestadt mit ihren schiffbaren Verbindungen über Elbe und Stecknitzkanal nicht nur der binnen Landes gelegene Umschlagplatz für Lübecker und Hamburger Fracht auf dem Weg ins Reich und zurück, sondern galt noch dem sächsischen Kaufmann des 16. Jahrhunderts als Seehafen. In der Zeit des Abstiegs trugen seit dem späteren 17. Jahrhundert Landfracht, Schifffahrt und das aufblühende Speditionsgewerbe unter den sich wandelnden Bedingungen von Merkantilismus und Liberalismus, Absolutismus und Aufklärung dazu bei, dem Lüneburger Salz seine traditionellen, wenngleich schwindenden [Nah-]Märkte in Nordeuropa zu sichern. Um 1800 erzwangen die landesherrlichen Interessen eine grundlegende Reform der mittelalterlichen Verfassung und Produktion. Eine neue, die moderne Phase der Industrialisierung begann. Neben den politischen Rahmenbedingungen stehen Grundfragen des Warenangebots auf wachsenden Märkten ebenso zur Diskussion wie des nachfrageorientierten Wirtschaftens. Die Energieversorgung, der Salzhandel und Eigenhandel der Bürger, das Geldverständnis und die Preisgestaltung, das Finanzwesen der Stadt, auch die Entwicklung von Warenumschlag und Kommunikation, von Schifffahrt, Frachtwesen und Spedition werden zum Gegenstand territorialer, überregionaler und reichsweiter Fragestellungen. Ausgehend von Diskussionen in den Wirtschaftswissenschaften und Geschichtswissenschaften wandelte sich seit den 1960er Jahren auch das Interesse der stadtgeschichtlichen und landesgeschichtlichen Forschung an einem älteren regelhaften, rationalen Umgang mit Zahl, Maß und Gewicht. Das Beispiel der Lüneburger Saline demonstriert überzeugend, daß und auf welche Weise die materielle Ordnung des Wirtschaftens bis tief in die Neuzeit grundsätzlich numerisch strukturiert war und von den Zeitgenossen als rational einteilend bzw. vergleichend erfahren wurde. This study does not exhaust itself in the rich details of the course of history of a Saxonian, north German saltern since it had first been mentioned in A.D. 956. The development of the Luneburg Saltern as a mine and evaporation saltern rather reveals structures of brine extraction, salt production, and salt trade in the city, the duchy, and the territory in the context of an economic and cultural history of Northern Europe between the 10th/12th and the 19th century. Traditions over more than eight centuries report on the rise and fall - from the 1620s onwards, i. e. the time of the Thirty Years War, and finally in the 18th century - of one of the most important European salterns. In the center of interest, there are the early urban settlement zone of Bardowick-Luneburg and the trans-heathland, respectively [early] Hanseatic relations Bremen-Luneburg on the one hand and the increasing importance of the Luneburg salt for the "Wendish Quarter" of the Hanseatic League and the Baltic trade on the other hand. The production of the saltern increased from 5, 000 t to ca. 15, 000 t from A.D. 1200 to 1300. Between 1571 and 1580 it reached a decennial average of 21, 653 t. Situated on the river Ilmenau, the Hanseatic city with its waterways along the river Elbe and the Stecknitz Canal not only became the inland trans-shipment centre for goods from Lübeck and Hamburg on their way into the Empire and back, but was still considered a seaport by Saxonian merchants of the 16th century. In the period of decline, it was overland cargo, shipping, and the efflorescent shipment trade that helped secure the Luneburg salt its traditional, although evanescent [short distance) markets in Northern Europe under the changing conditions of mercantilism and liberalism, absolutism and enlightenment from the later 17th century onwards. Around A.D. 1800 the interests of the sovereign prince enforced a fundamental reform of the Medieval constitution and production. A new, the modern phase of industrialisation began. Apart from the general political conditions, basic questions of the range of goods on increasing markets are discussed, as are problems of a demand-based economy. Energy supply, salt trade and internal trade between citizens, money understanding, and pricing, the financial system of the city, also the development of stock turnover and communication, of shipping, cargo, and shipment are matters of questions on a regional, supra-regional, and Empire-wide scale. Starting from discussions in economics and the historical sciences in the 1960s, there was an increasing interest of researchers of city history and regional history in an older, defined, and rational handling of numbers, measures, and weights. The example of the Luneburg saltern convincingly demonstrates that and how the material order of economy remained basically numeric until far into Modern times and was experienced by contemporaries in the shape of rational division and comparison.

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Artikelnummer 9783896460608
Produkttyp Buch
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Einband Fester Einband
Meldetext Libri-Titel folgt in ca. 2 Arbeitstagen
Autor Witthöft, Harald
Verlag VML Verlag Marie Leidorf
Weight 0,0
Erscheinungsjahr 2010
Seitenangabe 502
Sprache ger
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